unzensiert
Er wurde durch eine angenehme Wärmequelle an seiner rechten Seite geweckt. Zuerst war er sich nicht sicher, ob er noch träumte, oder ob sein Unterbewusstsein die Realität in einen Traum verwandelte, aus dem er langsam aufwachte. Ein zärtlicher Kuss auf seine rechte Wange brachte ihn zum Lächeln. Eine Hand strich vorsichtig durch seine Haare. Langsam schlug er die Augen auf und wandte den Kopf nach rechts, um nichts schöneres zu sehen, als Kafei’s glückliches Gesicht. Es wurde bereits hell. Kafei streichelte seine linke Wange und küsste ihn sanft und leise. Link unterbrach den Kuss und drehte seinen Kopf zu Zelda um. Sie schlief seelenruhig. Schlief sie wirklich?
„Keine Sorge.“, flüsterte ihm Kafei ins Ohr. „Sie schläft. Tief und fest.“, Kafei’s Stimme fuhr kribbelnd durch Link’s ganzen Körper.
„Wie spät ist es?“, wandte er sich leise an ihn.
„Kurz nach Fünf. So viel zu deiner inneren Uhr, wie?“
„Ich wäre aufgewacht.“
„Sicher. Das hab ich gesehen.“, kicherte Kafei.
„Aber das war viel schöner.“
„Komm.“, er küsste ihn erneut. „Zieh dich an.“
So leise wie nur möglich schlüpfte er aus dem Bett und holte aus seiner Mütze, was er brauchte. Ihm war heute nach violett. Sehr sogar. Und er konnte sich nicht erklären, woran es lag. Auch Kafei bestätigte kichernd, dass er keine Ahnung hatte, warum Link nach violett war. Als er fertig war ließ er seine Mütze Kafei zuliebe wieder in seinem Medaillon verschwinden. Link sperrte die Zimmertür auf, doch Zelda bewegte sich.
„Küss sie.“, hauchte ihm Kafei ins Ohr, aber Link drehte sich ins Leere, da Kafei schon wieder unsichtbar war. „Sie wacht auf. Küss sie.“
„Link?“, murmelte sie.
„Ja?“, drehte er sich zu ihr um.
„Was machst du? Wo willst du hin?“, sie hatte die Augen offen, wenn auch nur wenig.
„Na los.“, zischte ihm Kafei ins Ohr.
Es war schon fast ein Befehl gewesen. Link raffte sich am Riemen, ging zu ihr, bückte sich herab und gab ihr einen einigermaßen zärtlichen Kuss auf die Lippen.
„Schlaf weiter. Ich muss was erledigen.“
„Erledigen?“, sie griff nach seiner Hand. „Wie spät ist es eigentlich?“
„Ich muss bei Sonnenaufgang in den Bergen sein.“
„Wieso?“
„Das kann ich dir nicht sagen. Schlaf jetzt weiter. Heute wird ein langer Tag.“, er richtete sich auf und hatte schon die Hälfte des Zimmers hinter sich gelegt, als sie ihn abermals ansprach.
„Link?“
„Ja?“
„Du bist süß.“, leicht verwirrt drehte er sich noch einmal zu ihr um – aber natürlich sagte man das zu jemandem, wie er für sie war. „Aber wenn du das nächste Mal meine Bürste benützt, leg sie bitte wieder zurück.“, dass sie lächelte, war eine richtige Erleichterung für ihn.
„Oh – tut mir leid.“
„Macht nichts.“, kicherte sie und ihre Augen fielen zu. „Du darfst absperren. Ich benötige keinen Schlüssel.“, das hatte er gemerkt.
Bis sie die Stadt verlassen hatten, hatte sich Kafei weder sichtbar gemacht, noch hatten sie ein Wort gesprochen. Vor dem Tor drehte sich Link zu Kafei um und musterte ihn. Heute trug er ein ausladendes Leinengewand, nur ein Hemd und eine Hose, beides in einem zarten Grünton. An den Rändern war seine Kleidung kunstvoll mit weißen Fäden bestickt und um die Taille trug er einen überbreiten, engen, braunen Ledergürtel mit silbernen Schnallen, unter dem der Saum seines Hemdes etwa vier Handbreit heraushing. Unter der Hose lugten braune Stiefel hervor.
„Was?“, kicherte Kafei. „Was du kannst, kann ich schon lange.“
„Es würde mich nicht wundern, wenn uns Anidja im Laufe des Tages erschlägt.“
„Aber nur, wenn das Ding nicht vorher weg ist.“, er deutete in Link’s Körpermitte.
„Hattest du noch nie eine Morgenlatte?“
„Doch.“, gluckste Kafei. „Du kannst von Glück reden, dass Zelda es nicht bemerkt hat. Kleine Abhilfe gefällig?“
„Nicht hier.“
„Hast du Angst, ein Wachmann könnte dich hören?“
„So in etwa.“, schmunzelte Link.
„Na so was. Gut. Der Schnee ist weg und schlafende Dodongos wachen erst auf, wenn sie es selbst wollen.“
„Der Graben ist deiner Meinung nach weit genug entfernt?“
„He – es hätte mich nicht gewundert, wenn uns ein paar Piratinnen von ihrer Festungsmauer aus beobachtet hätten.“
„Mach weiter so und dein Dienst ist nicht mehr nötig.“
„Selbst wenn. Du hättest doch trotzdem nichts dagegen, oder?“
„Nein.“
Kafei packte Link’s Hand und zerrte ihn die Rampe hinunter. Gleich daneben lehnte er ihn an die Mauer, öffnete den Bund dessen violetter Hose und befreite ihn ein Stück von der engen Unterbekleidung. Auch griff er unter den Saum seines Hemdes und streifte seine eigenen beiden Hosen nach unten.
„Was machst du?“, fragte Link.
„Dachtest du, ich würde dich glücklich machen, ohne selbst was davon zu haben?“
„Solange du meinen Hintern nicht an die Wand scheuerst – “, lachte Link auf und gab sich ihm völlig hin.
Kafei küsste Link weitaus tiefer als am Vortag. Langsam fuhr er mit seiner Zunge am Gaumen seines Liebhabers entlang, während er seinen eigenen Unterleib fest an ihn drückte. Mit der linken Hand packte er Link’s Handgelenke, hielt sie an die Mauer über ihm und zog ihn mit der rechten noch fester zu sich. Link spürte, wie Kafei mit jeder Bewegung härter wurde, je länger sie sich aneinander rieben. An einem Punkt schob sich Kafei’s rechte Hand zwischen sie, griff fast zärtlich zu.
Das ständige Auf und ab der Hand, das Gefühl von Kafei’s gegen seinen – Haut auf Haut zwischen seinen massierenden Fingern – Link spürte, wie auch Kafei unter den Bewegungen seiner eigenen Hand immer mehr zu zucken begann. Je schneller seine Hand rieb, desto impulsiver schlugen auch ihre Zungen aneinander. Um ihre Laute zu unterdrücken, wagte es Kafei nicht, ihren Kuss zu lösen. Link nahm es ihm nicht übel, schon gar nicht, als sie gleichzeitig zum Höhepunkt kamen. Erst danach trennte Kafei ihre Münder zärtlich und fiel doch etwas schlaff gegen ihn.
Unter beiderseitigem Keuchen küsste Kafei ihn erneut, aber Link spürte noch etwas anderes an seinen Lippen. Er hatte seine Hand gehoben und zwei seiner Finger glitten langsam in Link’s Mund, während er selbts genüsslich am Daumen leckte. Link musste zugeben, dass er durchaus Gefallen an dieser Mischung an Geschmack fand.
„Wir gehören eingesperrt.“, hauchte Kafei und sah Link träumerisch in die Augen.
„Ich hätte nichts dagegen,“, gluckste der andere, „Sofern man uns zusammensperrt. Wo kauft ihr ein?“
„Was?“, stockte Kafei ob dem abrupten Themenwechsel, zog sie aber dennoch beide wieder an.
„Tut mir leid. Ich weiß nicht, wo das gerade hergekommen ist. Wo kauft ihr das ganze Essen ein?“
„Hilfe. Was bist du, dass du nach so was ans Fressen denken kannst?“
„Beides ist überlebensnotwendig.“
„Wenn man voraussetzt, dass Männer Kinder bekommen können, ja. Aber du hast Recht. Ich könnte mir mein Leben nicht mehr ohne vorstellen. Zu deiner Frage, einmal in der Woche ist Markttag. Vielleicht sind dir die Strohdächer in der Südstadt doch aufgefallen?“
„Oh!“, lachte Link. „Dafür sind die?“
„Bitte? T’schuldige. Aber ja, dafür sind die. Das sind die fixen Stände für Lebensmittelverkäufer. Die anderen verteilen sich mit ihren eigenen Ständen in der gesamten Stadt. Frage beantwortet? Die Sonne geht gleich auf.“
Er deutete zum heller werdenden Himmel über Ikana. Link nickte und sie machten sich auf den Weg zum Bergdorf. Als sie bei der Todeskurve der Feuerwerkskörper vorbeikamen, blieb Kafei kurz stehen, um sich das Überbleibsel des Desasters anzusehen. Jedoch schüttelte er nur den Kopf und sagte nichts dazu. Die ersten Vögel sangen ihren Morgengruß, der unheimlich zwischen den Felsen wiederhallte, was auch für die entfernte Glocke aus der Stadt galt.
Link klopfte an die Tür der Schmiede – keine Antwort. Er klopfte noch einmal und erhielt dasselbe Ergebnis. Auch ein Herunterdrücken der Schnalle blieb erfolglos. Er hoffte, dass für den Schmied das Wort Sonnenaufgang als Uhrzeit noch immer sechs Uhr bedeutete, denn es würde sicher noch eine Stunde dauern, bis die Sonne auch nur annähernd irgendwie ins Bergdorf fiel.
Zumindest war das Bergdorf nun als solches zu betrachten. Bei seinem ersten Aufenthalt in Termina hatte er sich immer gewundert, warum ein einziges Haus bereits ein Dorf bildete. Aber der Schmied hatte ihm erzählt, dass hier vor langer Zeit viel mehr Häuser gestanden hatten, was nun wieder der Fall war. Nur eine ältere Frau war erst auf den Beinen und holte Wasser. Die meisten anderen waren ohnehin in der Stadt. Die Glocke läutete wieder und es klickte an der Tür vor ihnen. Sogleich hatte Link die Schnalle gedrückt und erhielt als Antwort auf seine Tat, einen erschrockenen Aufschrei.
„Feuer, Kohle und Stahl!“, fluchte der Schmied. „Wer bei den Mächten des Berges – oh! Nur herein! Es ist fertig!“, seine Wut hatte sich mit einem Mal zu einem breiten Grinsen verflüchtigt. „Ach – und auch der Herr Bürgermeister! Hereinspaziert, in die warme Stube. Der Tee ist aufgesetzt. Ich habe gehört, die Goronen hatten einen Unfall?“
„Tz. Wenn du das nicht gehört hättest, wärst du wohl taub.“, lachte Kafei flach. „Die Stelle schon gesehen?“
„Ja. Das was man vom Feuerwerk selbst gesehen hat, war ein wahrer Augenschmaus. Ich hoffe, das Fest wurde dadurch nicht gesprengt?“
„Nein. Ich hab alle Fähigen zusammengetrommelt. Das Feuerwerk wird pünktlich heute Nachmittag montiert.“
„Gut, gut. Ich werde auch kommen. Apropos – ich habe ein kleines Meisterwerk auf meinem Ladentisch.“
Er deutete auf ein in Stoff eingewickeltes, längliches Etwas, das auf dem Tresen lag. Wie paralysiert schritt Link darauf zu. Der Schmied faltete das Tuch auf und den beiden anderen Männern stockte der Atem. Die beiden Stähle wanden sich gleichmäßig und kunstvoll zu einer Doppelhelix ineinander, so wie Link es in Erinnerung hatte. Der eine Stahl schimmerte leicht bläulich, der andere grünlich. Mit dem robusten Griff hatte es exakt die Länge, die das Schwert hatte, das Biggoron einst für Link neu geschmiedet hatte. Die Klingen waren nach außen in perfekter Abrundung geschärft. Der Schmied demonstrierte die Schärfe, indem er mit beiden Händen ein dickes, gespanntes Stück Leder darüber zog. Trotz wenig Druck, wurde es sauber in zwei Hälften geteilt.
„Nur der Schmied von Ikana hätte es besser hinbekommen.“, grinste er.
Vorsichtig nahm Link das Schwert in die Hand und stockte. Es war so leicht, dass er es tatsächlich mit einer Hand führen konnte. Er trat etwas zurück, auf die freieste Stelle, um nichts und niemanden zu gefährden und testete seine Empfindlichkeit auf die Fliehkraft. Es schwang leicht aber kräftig und ließ sich problemlos abfangen. Auch lag es wunderbar in der Hand.
„Gib es endlich zu.“, hauchte Kafei und bat Link um das Schwert, damit er es selbst testen konnte. „Hirion war dein Lehrmeister.“
„Wer?“, stutzte Link.
„Nicht du.“, kicherte Kafei. „Na? Sag schon. Ich kenne seine Klingen. Meine eigenen Dolche und Schwerter sind von ihm. Seine Technik ist unnachahmbar, außer von denen, die jahrelang bei ihm gelernt haben. Auch ist das hier kein Metall aus den Bergen des Nordens.“, der Schmied grinste nur weiterhin und Kafei legte das Schwert nickend zurück. „Ich wollte nie so unverschämt sein und es aus dir raussaugen. Aber danke, dass du es mir freiwillig gebeichtet hast.“
„Keine Ursache. Nun zu den Kleinigkeiten des Lebens. Es ist ja nicht so, dass ich mich nur mit großen Messerchen abgebe.“
Er öffnete eine kleine Schatulle, die neben dem Tuch stand. Darin lagen die golden schimmernden Metallteile für die Rüstung und auch die Kette mit den drei runden, blauen Edelsteinen. Auf den ersten Blick sahen sie mehr wie schillerndes, im Feuerschein funkelndes Glas aus, doch Link erkannte das in schwarzes Metall gefasste Material. Die Cabochons waren aus einer Mondträne geschliffen, makellos und glatt. Dann rückte er eine weitere, flache Büchse heraus und drückte sie Kafei vorsichtig in die Hände. Dieser öffnete sie behutsam und schlug sie sofort wieder zu, um den Schmied mit glasig werdenden Augen anzustarren. Er öffnete sie erneut und seine Augen begannen wie die Mondtränenstücke zu funkeln.
„Wenn du schon zu Tränen gerührt bist, was für ein Gesicht wird sie dann erst machen?“, lachte der Schmied und Kafei klappte die Schachtel wieder zu.
„Ich nehme an, sie wird ein wenig geschockt sein.“, sagte Kafei nur verhalten.
„Ja. Wenn sie den Preis hört, den du dafür bezahlt hast.“
„Das vermutlich auch.“, murmelte er für den Schmied unhörbar, fuhr aber etwas lauter fort. „Das Geld war es durchaus wert.“
„Es freut mich, das zu hören. Nun, da wir bereits bei diesem unangenehmen Teil angelangt sind.“
„Der unangenehme Teil kommt heute Abend, wenn ich Zelda beichten muss, dass alles nur eine fabelhaft inszenierte Fälschung ist.“, lächelte Link verschmitzt.
„Tja – was tut Mann nicht alles für die Frauen.“, seufzte Kafei.
„Du sagst es.“, Link kramte nach den restlichen Rubinen. „Und dabei kann ich ihr gar nichts geben. Nichts. Hier bekommt sie nicht das Original, das originalere Original gönnt mein Herz ihr nicht – “
„Das nenne ich eine schöne Formulierung.“, lächelte Kafei, Link packte vorsichtig seine Sachen plus Kafei’s zweites Mysterium ein, sie verabschiedeten sich und verließen die Schmiede.
„Danke. Das macht die Beichte auch nicht einfacher.“, jammerte Link vor der wieder geschlossenen Tür. „Was soll ich ihr sagen? `Hey, Zelda. Tut mir leid, die Maske funktioniert hier nicht. Aber so in etwa hätte ich ausgesehen. Ach ja übrigens – t’schuldige, dass ich dich auch in einem anderen Irrglauben gelassen hab. Ich bin schwul und liebe Kafei.´“
„Genau so könntest du es sagen.“, lächelte Kafei und trat näher an ihn heran. „Aber das zweite Geständnis solltest du machen, wenn ihr alleine seid. Nur für den Fall. Verzeih mir, aber es müssen noch nicht alle wissen, dass ich gleichzeitig eine Frau und einen Mann liebe.“, er schloss Link in die Arme. „Ähm – sag, hast du das ernst gemeint?“
„Ich war mir keiner Sache je sicherer.“, flüsterte Link und beendete seinen Kuss erst einige Minuten später, als sie ein wenig das Gleichgewicht verloren und die Treppen hinabstolperten, wo Kafei auf ihm zum Liegen kam.
„Meine Güte.“, lachte er. „Hast du dir was getan?“
„Nicht, dass ich wüsste. Du?“
„Nein.“, kicherte Kafei und schleckte Link wie ein Hund über die Wange.
„Was zum – “, lachte dieser, doch Kafei schlabberte schon seine andere Wange voll. „Kafei!“, zischte Link grinsend. „Lass das. Das – hör auf – ich – “, weiter kam er nicht, denn der Schmied öffnete die Tür.
„Ihr seid ja noch immer hier? Was macht ihr da auf dem Boden? Geht es euch gut?“
„Ja. Nur ein kleiner Unfall.“, gluckste Kafei und rollte von Link herunter. „Wir haben noch ein bisschen die frische Luft genossen und wollten gerade gehen. Aber ich bin gestolpert und Link wollte mich auffangen. Ist sich leider nicht so ausgegangen, wie erhofft.“, Link war wieder einmal überrascht, diesmal darüber, wie schnell und überzeugend Kafei eine Lüge verbreiten konnte.
„Na dann.“, seufzte der Schmied und ließ sie wieder alleine.
„Du Wicht.“, fauchte Link leise und stupste ihm in den Oberarm.
„Was hättest du getan?“
„Du hast gehört, was ich getan hab, oder?“
„Ja. Still und deutlich.“, lachte Kafei, stemmte sich hoch und bot Link, wieder einmal, seine Hand an.
„Verdammt. Kannst nicht einmal du hinfallen? Ich will mich revanchieren.“, kaum hatte er das Gesagt und stand, ließ sich Kafei umfallen und grinste ihn an. „Idiot.“, murrte Link, zog ihn aber trotzdem hoch.
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In der Stadt herrschte reges Treiben. Sie hatten sie wieder einmal durchqueren müssen, um die Kleinlieferung zur Schneiderin zu tätigen. Aus diesem Grund hatten sie gleich den Westeingang genommen und waren anschließend in vollem Lauf die Abkürzung gerannt, damit sie zumindest eine geringe Chance hatten, nicht der Deku-Königin über den Weg zu laufen. So belebt hatte Link die Oststadt noch nie gesehen. Manche trugen bereits jetzt ihre Kostüme und Masken. Sie betraten den Gasthof, Kafei voran. Kaum war Link in der Rezeption, konnte er sich gerade noch rechtzeitig abstützen, um nicht gegen die Wand zu prallen. Dafür litt der Rest seines Oberkörpers unter enormer Druckeinwirkung.
„Al – lo – Oma – ni.“, würgte er durch die Masse an fuchsroten Haaren vor seinem Gesicht.
„Oh! Tut mir leid!“, sie ließ ihn mit einem Rückwärtshüpfer los.
„Was hättest du gemacht, wenn ich es nicht gewesen wäre?“
„Dieser andere jemand wäre jetzt vermutlich tot.“, sagte Kafei und mied sämtliche Blicke.
„Tut mir leid, Grashüpfer.“, auch das noch. „Oh! Sind das deine Haare?“, sie streckte ihre Hand danach aus.
„Nicht – anfassen.“, Link wich mit erhobenen Händen einen schnellen Schritt zur Seite. „Die sind nur aufgeklebt.“
„Was?“, kam es nicht nur von ihr, sondern auch von den anderen, weiblichen Subjekten.
„Er mag das nicht, ja?“, kicherte Kafei.
„Oh – hallo.“, schreckte Romani auf.
Endlich konnte Link sich einen Überblick verschaffen. Romani hatte ihre Schwester in der Größe mittlerweile kaum merklich überholt. Diese stand mit Anju neben dem Tresen. Anidja befand sich auf ihrem üblichen Platz und hatte einen Blick aufgesetzt, den sie normalerweise nur Kafei schenkte. Jedoch galt er diesmal jemand anderes. Link folgte ihrer Blickrichtung und traf auf einen jungen Mann, der sich leise mit Zelda unterhielt. Er hatte seine langen, glatten, seidig glänzenden, schwarzen Haare nach rechts gelegt und trug eine Ikana-Tracht, etwas anders als Kafei’s Alltagstracht. Als er aufsah, offenbarte er blaue Augen. Aber Link erkannte ihn wieder. Wenn er sich nicht täuschte, musste er sich eingestehen, dass Cremia eine gute Wahl getroffen hatte. Genau in diesem Moment wurde ihm seine Vermutung bestätigt. Cremia ging auf Kafei zu und begrüßte ihn mit einer leichten Umarmung, was sie auch bei Link tat.
„Du bist groß geworden.“, lächelte sie – hatten die Leute wirklich nichts besseres zu tun, als immer diesen Satz zu sagen? „Ach ja – darf ich vorstellen? Mein Mann Nérimlath.“, er trat auf Link zu; der ihm die Hand zur Begrüßung entgegenstreckte; er machte jedoch, mit einer Hand auf der Brust und gesenktem Blick, eine leichte Verbeugung.
„Ich möchte mich bei Euch nochmals für gestern entschuldigen.“
„Gestern?“, hauchte Cremia.
„Ähm – das – das musst du nicht.“, Link war durchaus verlegen ob der Geste. „Ich hätte wieder umgedreht wenn – “, sein Name hallte mahnend in seinem Kopf, „Leunija nicht so einen Aufstand gemacht hätte.“, er sah Zelda erleichtert die Augen verdrehen. „Wenn es dir nichts ausmacht – “, er streckte ihm die Hand etwas fordernder entgegen, „Ich bin einfach nur Link, der sich seine Aufgabe nicht ausgesucht hat.“, etwas zögerlich aber dennoch, schüttelte Nérimlath sie.
„Rim.“, lächelte er schüchtern, nichts von seiner gestrigen Kühle innehabend.
Jetzt, wo er näher stand, entdeckte Link eine dünne Narbe die seine rechte Wange leicht entstellte. Offenbar hatte er ihretwegen die Haare in den Seitenscheitel gelegt. Womöglich war der Grund für seine Frisur auch ein anderer und nur Link schob es auf die Narbe, weil er es in diesem Fall vielleicht so gemacht hätte.
„Gestern?“, lachte Kafei und verschränkte die Arme. „Hattest du gestern Dienst, oder was?“, anstatt einer Antwort bekam er nur einem leicht verärgerten Blick. „Oh.“, hauchte Kafei und ließ die Arme sinken. „Ups.“
„Dienst?“, stutzte Cremia. „Welchen Dienst? Ich dachte, du wärst deine Eltern besuchen?“
„Meine Eltern sind tot. Und sie haben mich spontan eingeteilt, weil Toru krank geworden ist.“, den letzten Satz wandte er an Kafei. „Tu nicht so. Ich hab mich eh schon selbst verraten.“
„Rim – was – was hat das zu bedeuten? Deine Eltern sind tot? Ihr seid euch gestern schon begegnet? Wer ist Toru? Welcher Dienst? Wer hat dich eingeteilt? Rim – “, er schloss die Augen und schüttelte leicht den Kopf.
„Mir scheint, das liegt im Blut, oder?“, sah Link schief zu Kafei. „Nur dass du es verschweigen konntest, obwohl sich deine Augen nicht umfärben lassen.“
„Was?“, flüsterte Cremia nur noch und Nérimlath öffnete die Augen wieder.
„Es tut mir leid.“, Cremia machte einen kleinen, erschrockenen Schritt zurück, als sie seine roten Augen sah.
„Ich hab’s ja gewusst.“, fauchte Anidja zu sich selbst. „Überall, dieses Pack.“, Link sah, dass Zelda ihre Worte zwar gehört hatte, sie aber schweren Herzens ignorierte, weil Anidja nur um ihren Titel, nicht aber ihr Blut wusste.
„Ich hätte es dir sagen sollen.“
„Das – “, Cremia fuhr sich fassungslos durch die Haare. „Whow. Du – “
„Was ist den los?“, fragte Romani, die seine Augenfarbe noch nicht gesehen hatte.
„Versprich mir, dass du es niemandem sagst. Es bleibt hier unter uns. Das war nämlich der Grund, warum ich es dir nicht sagen durfte. Ich bin ein Suro.“
„Ein was?“
„Ein Elementkrieger der Shiekah.“, klärte Link sie auf.
„Shiekah?“, japste Romani und ging um ihn herum, um sich von seiner Augenfarbe zu überzeugen.
„Ihre Identität als solche muss geheim bleiben, wenn sie ein Leben außerhalb des Volkes haben wollen. Wenn man so wie ich, zur Hälfte Hylianer ist, hat man in dieser Hinsicht ein Problem weniger. Allerdings ist der Weg, bis man die Elemente und die Kampfkunst beherrscht etwas schwieriger.“
„Hauptsächlich wegen der Arroganz der Meister.“, seufzte Kafei.
„Du sagst es.“, beschwichtigte Rim. „Aber ausgerechnet sie braucht man, um die Fähigkeiten richtig und gewissenhaft zu beherrschen und einsetzen zu können.“
„Wenn man ihrer Arroganz Glauben schenkt.“
„Halt ja den Mund, Kafei. Du weißt, warum sie dich nicht aufgenommen haben.“
„Weil ich noch arroganter bin?“, scherzte Kafei.
„Genau. Weil du ein Sturkopf bist und die Regeln verletzt hast. Die Elemente sind heilig. Du missbrauchst sie für Alltägliches. Deshalb wirst du sie nie richtig beherrschen.“
„Für mich hat das anders ausgesehen.“, mischte Link sich ein, wurde aber überhört.
„Hast du eine Ahnung.“, Kafei’s Blick ließ einem das Blut in den Adern gefrieren.
„Ja?“, auch Rim’s Blick wurde felsenfest, was Romani und Cremia von ihm wegtrieb. „Deine Straßenkünstlertricks machen dich noch lange nicht zu einem mächtigen Magier.“
„Pass lieber auf, was du sagst.“, jetzt wusste Link, dass er sich bezüglich dem Glühen von Kafei’s Augen während ihrer kleinen Sache am Strand nicht getäuscht hatte. „Du warst doch nur zu feige, selbst auszuprobieren, wozu du fähig bist. Du könntest noch viel mehr, wenn du dich nicht von ihnen weich machen hättest lassen.“
„Nimm das zurück, oder – “
„Oder was?“, lachte Kafei.
Nérimlath holte mit dem Arm aus und schickte Kafei einen Wasserschwall entgegen, den dieser aber mit einem belanglosen Schlenker seiner Hand zerteilte, in verschiedene Richtungen schießen und genau in die Töpfe der Zimmerpflanzen regnen ließ.
„Der Gasthof dankt, denn die Pflanzen hatten Durst. Und nur wer einmal ganz tief gefallen ist, lernt, sich alleine hochzuziehen und für sich selbst zu sorgen. Es wird Zeit, dass du anfängst zu fallen und aufhörst, ihr Schoßhündchen zu sein.“
Er streckte dem anderen Mann die Flache Hand entgegen, woraufhin dieser mit einem Windstoß gegen die Wand hinter sich geschleudert wurde. Rim rappelte sich auf und schleuderte eine kleine Feuerwalze auf Kafei, der die Flammen durch seine Hände einzog und verschwinden ließ.
„Stopp, stopp, stopp!“, schrie Zelda und rannte dazwischen, bevor Rim Kafei erneut attackieren konnte, denn sie wusste, dass Kafei doch noch mehr darüber erhaben war. „Ihr benehmt euch wie kleine Kinder! Solche Aktionen sind genau der Grund, warum Anidja uns hasst. Zudem sind wir hier in einem Gasthof und nicht auf einem Schlachtfeld. Auch ist es halb acht Uhr Morgens, am Tag des Karnevalsbeginns. Es gibt Leute, die schlafen wollen, weil sie die Nacht durchmachen werden. Wenn du schon über Respekt sprichst, Nérimlath, dann hab ihn wenigstens. Kafei hat Recht. Du bist das beste Beispiel für unseren Untergang. Du lässt dich von diesen Besserwissern genauso unterdrücken, wie alle Könige im Laufe unserer Geschichte. Igos hat als einziger von ihnen erkannt, was die Suromeister tun.“
Kafei seufzte nur bestätigend. Link sah im Augenwinkel, wie Anju die lippen kräuselte. Anidja’s Grimasse wollte er nicht sehen.
„Doch war es zu spät, denn ihr damaliges Lieblingskind Urol hat unser Schicksal beinahe besiegelt. Die Torheit und Machtgier der Meister hat unser Volk an den Rand des Aussterbens gebracht, nicht die Kriege. Es waren unsere eigenen Leute. Mach die Augen auf. Wahre Suro brauchen keine Meister. Kafei hatte keinen Lehrer und beherrscht die Elemente im Schlaf. Auch ich wurde nicht von einer Meisterin trainiert, nur von einer Wächterin. Ja, ich bin die Höchste der Weisen, aber ich war auch nur ein Kind, als ich auf der Flucht erfahren habe, woher ich meine telepathischen Fähigkeiten habe. Impa hat mich großgezogen. Sie hat die Rolle meiner ermordeten Mutter eingenommen und mich gelehrt, mich selbst zu lehren. Sie hat mir nicht gezeigt, wie ich die Elemente kontrollieren kann, sondern nur gesagt, worauf es ankommt. Nämlich Wille, Selbstvertrauen, Selbstbeherrschung, Vernunft, Einsicht und Einklang. Dir mangelt es an mindestens dreien. Und eines frage ich mich auch. Warum müsst ihr Männer euch immer gleich an die Gurgel gehen, wo es doch so viel einfacher ist, zu reden?“
„Diese Debatte, Zelda, hab ich schon vor langer Zeit aufgegeben.“, seufzte Link.
„Zelda?“, kam es von Romani und Cremia, die sich inzwischen leicht verängstigt hinter Anju verkrochen hatten.
„Da hat er Recht.“, meinte Kafei. „Das ist ein weiterer Grund, warum wir immer weniger werden. Aber es bringt nichts. Sture Haudegen lassen sich nicht zähmen. Urol hat sich auch im Tod nicht verändert. Er blieb der selbe Aasgeier, bis er mit Majora unterging.“
Die Prinzessin senkte nur leicht kopfschüttelnd den Blick und schloss kurz ihre Augen. Link ging auf sie zu, hob ihr Kinn an und sah ihr so direkt ihn die Augen, wie es vor ihm nur Impa getan hatte.
„Ich kann verstehen, was du fühlst. Ja, es war vielleicht nur der Anfang. Ich sehe die Zeichen, wenn ich sie auch nicht so genau erkenne oder deuten kann, wie du. Aber ich sehe sie. Wenn es wirklich erst der Anfang ist, müssen wir das tun, was Impa dich gelehrt hat. Du am allermeisten. Die Welt braucht dich. Das Universum braucht dich. Und was auch immer die Mächte des Bösen dir abverlangen, ich helfe dir, es durchzustehen.“
Er nahm sie vorsichtig in die Arme und legte seine rechte Wange an ihren Kopf, wobei sein niedergeschlagener Blick zu Kafei wandte, der ihm mit kaum erkennbarer Mimik zu verstehen gab, das Richtige getan zu haben. Nérimlath ging um die beiden herum und trat mit zu Boden gerichtetem Blick vor Kafei. Dann fiel er vor ihm auf die Knie. Nur die beiden Männer verstanden den Sinn dahinter, da Zelda gerade zu sehr damit beschäftigt war, in Link’s Schulter zu schluchzen. Kafei verzog die Lippen und kniff die Augen zusammen.
„Für wie krank hältst du mich, Rim?“, der Angesprochene sah nicht auf, sondern kauerte sich zusammen. „Steh auf, du Narr.“
„Bitte. Ich verdiene es.“, Zelda sah auf und traute ihren Augen nicht.
„Kafei – nein – “, hauchte sie.
„Das kannst du dir sparen, Zelda. Ich tu es sowieso nicht. Genau, hast du gehört, Rim? Ich werde es nicht tun. Da kannst du mich noch so sehr anflehen. Ich halte an den Traditionen, Gebräuchen und auch an vielen Regeln fest, aber ich bin kein Monster. Steh auf und geh Frühstücken, damit du auf andere Gedanken kommst.“, er rührte sich nicht. „Komm schon. Ich weiß, dass du es nicht so gemeint hast und ich verzeihe dir. Ich hab in diesem Haus schon boshaftere Anschuldigungen über mich ergehen lassen müssen und Anidja nicht einmal ein Haar dafür gekrümmt.“, endlich sah Rim zu ihm hoch, dicke Tränen in den Augen.
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